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Gemeinsam studieren die Brüder auch von 1805-1806 in Halle Rechts- und Geisteswissenschaften

Ihre Einschreibung ist in den Annalen der Halleschen Universität erhalten geblieben.


Dank an die freundliche Archvarien, die es mir ermöglicht hat die Unterlagen einzusehen und sie zu photographieren.

Studium Eichendorffs in Halle

Über die Ankunft der Brüder Eichendorff in der Universitätsstadt gibt folgende Notiz in Eichendorffs Tagebuch Auskunft:

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April 1805

Kamen wir zu Mittag bei den schlechtesten Wege, den wir auf unser ganzen Reise hatten, in Großkugel an; ...

(entn.: Eichendorff, von: Schlesische Tagebücher/Hrsg. Alfred Riemen; Nicolai 1988, S.: 427)

 

 

Eichendorff wollte in Halle nicht Literatur studieren sondern Rechtswissenschaft. Er wollte nicht Dichter sondern Advokat werden.

Zu dieser Zeit lehrten an der Halleschen Universität viele Professoren, deren Namen noch heute sehr bekannt sind. 
Die Brüder Eichendorff vervollständigten ihr Wissen.
Sie waren zu Gast  in Hörsälen, in denen neue, damals wie heute, umstrittene Theorien gelehrt und diskutiert wurden. (Dr. Gall/Schädellehre)

Gleich im Anschluss lauschten sie den Widerlegungstheorien zum eben gehörten Thema. 
(Prof. Steffens/Widerlegungstheorie zur Schädellehre)

Sie besuchten die Vorlesungen der halleschen Professoren Schleiermacher, Wolff und Steffens. Durch diese Hochschullehrer kam Eichendorff mit den Ideen der Romantik in Berührung.

Besondere Ehrerbietung brachte er diesen Herren deshalb aber nicht entgegen.

Wie alle Studenten beurteilte er sie nach Äußerlichkeiten.

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"...Wolffsboshaft-satyrische Redeweise und seine Unpünktlichkeit...",

"...die liberalität des überhöflichen Professors Kassler..."

(Quelle: Stadtarchiv Halle; "Eichendorff in Halle", von Rolf Hönicken)

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Die Hallesche Universität gehörte in dieser Zeit zu den meistbesuchten Universitäten Deutschlands. Dass die Mutter ihre Söhne in weiser Voraussicht auf mögliche schlechte Zeiten - sie sollten nicht vom Gut als Einnahmequelle abhängig sein - zum Studium in Halle angemeldet hatte, war zumindest für Joseph von Eichendorff nicht wichtig.

Eichendorff führte ein typisches Studentenleben. Wie das Studentenleben aussah wird im folgenden Auszug geschildert.

Übertragung des Zeitungsartikels:

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...Die Studenten spielten im damaligen Leben überhaupt die erste Rolle und waren sich ihrer Überlegenheit den "verachtungswürdigen Philistern" gegenüber durchaus bewusst.
Sie beanspruchten den "breiten Stein", den Bürgersteig, für sich allein und stießen jeden, der sich ihnen in den Weg stellte, beiseite, wenn sie sporenklirrend und mit ihren Rapieren rasselnd stolz die Straße einherkamen. Nur mit den Halloren verband sie - wie seit alters - eine enge Freundschaft: diese waren die einzigen, die den Hut vor den Söhnen der "alma mater" nicht abzunehmen brauchten, ja, die sich sogar mit ihnen duzen durften. Als Schwimmlehrer spielten sie eine wichtige Rolle und auch der junge Eichendorff vervollkommnete in ihrer tüchtigen aber rauhen und derben Schule seine Schwimmkunst. Trotz all der Renomisterei der Studenten muss man ihnen zugestehen, dass unter dieser rauhen Schale sich doch auch wissenschaftliche Begeisterung und  wissenschaftliches Streben verbarg: das bestätigt auch ein zeitgenössisches Urteil, in dem es heißt, dass man weder in Jena noch in Gießen den Hallensern im Eifer zu studieren gleichkomme...

 

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Der Lebensstil der halleschen Bürger erscheint Eichendorff "verzopft"

Verständnislos betrachtet er auch

 

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"das lächerliche Gebahren der mit langen Kanonenstiefeln, langen Pfeifen, langen Röcken und mit dem Degen bewaffneten Studenten"

(Qu.: Stadtarchiv Halle ; Eichendorff in Halle, von Rolf Hönicken) 

 

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 Diese Beobachtungen sind auch in seinen halleschen Aufzeichnungen nachzulesen.

 

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Juli 1806

12. Begann Halles unruhige Periode: die Prorektorwahl.Schon um 5.00 Abends klirrten  über 50 Studenten aus allen 5 Landmannsschaften in völligem Burschenwichs mit Stürmer, Pfundsporen und den Hieber an der Seite auf dem Ringe herum.

...

Endlich um 11 Uhr abends stürzte der ganze Troß auf den Markt herab, wo "Ein freies Leben führen wir" pleno choro gebrüllt wurde. Auch der übrige Teil der Nacht verging natürlich nicht in Ruhe.

...

(entn.: Eichendorff, von: Schlesische Tagebücher/Hrsg. Alfred Riemen; Nicolai 1988, S.: 433-434)

 

 

Eichendorff war von der Landschaft um Halle sehr beeindruckt.  
Immer wieder unternahm er mit seinem Bruder und mit Freunden weite Wanderungen in die Natur.

Übertragung des Artikels:


Vor allem aber haben unserem Dichter Spaziergänge und Wanderungen in  die Landschaft um Halle reiche Anregungen gegeben. Eichendorffs Natursinn, der in all seinem Schaffen immer wieder das am meisten ansprechende Moment ist, hat sich in Halles Umgebung gestärkt und ausgeweitet. 
Zahlreich sind seine Besuche auf der Burgruine Giebichenstein, die -- nach seinen eigenen Worten -- "in ihrer verödeten Einsamkeit eine ganz artige Werkstatt für ein junges Dichterherz" bot. 
Hier versenkte er sich in Dichtungen Goehtes, Tiecks und Novalis; hier brachte er in schwärmerisch verklärter Stimmung manchen schönen Abend zu, wenn "die Klarinetten aus dem Tal" tönten und die "Ruderschläge des Kahns" leise zur Ruine heraufklangen. 
Er besuchte den Petersberg mit seiner zerfallenen Klosterruine und so manches Mal die ländlichen "Kaffeedörfer" Passendorf und Reideburg.

 

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 Von besonderer Anziehungskraft war für Eichendorff das 
"Giebichensteiner Dichterparadies", das Landhaus des Salinedirektors Reichardt

 Übertragung des Artikels:


"Dort aus dem geheimnisvollen Boskets schallten oft in lauen Sommernächten, 
wie von einer unnahbaren Zauberinsel, Gesang und Gitarrenklänge herüber; 
und wie mancher Poet blickte da  vergeblich durch das Gittertor oder saß auf der Gartenmauer zwischen den blühenden Zweigen die halbe Nacht, künftige Romane träumend."

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Zuletzt logierte Eichendorff im "Gasthof zu den drei Königen" in der Kleinen Ulrichstraße.
Zu Zeiten der ehemaligen DDR wurde das Haus von der Firma Möbel-Hauptmann genutzt.
Es ist stadtbekannt als das  "Haus mit dem Waldgemälde".
Die Kleine Ulrichstraße ist heute eigens eine Kneipenzeile für Studenten und junge Leute.


Bei der Suche nach dem Gebäude konnten mir selbst Anwohner und die ansäßigen Lokalbesitzer nicht weiterhelfen. Erst ein  H a l l o r e  !! - der zufällig im Vorbeigehen meine Frage hörte - wendete seinen Schritt in meine Richtung und gab mir ohne zu zögern Auskunft. Ich stand übrigens genau davor.
Das deutet darauf hin, dass die enge Verbindung der Halloren mit den Studenten, zumindest im Gedenken noch besteht!
Wie ich durch einen Gästebucheintrag erfuhr, ist das Gasthaus von heute aber leider nicht mehr das Original. Das Haus wurde 1903 neu errichtet.
Während ich mir also damals vorgestellt hatte ich könnte vielleicht dieselbe Treppe hinaufklettern wie seinerzeit Eichendorff, so weiß ich heute, dass lediglich das Wandgemälde an die formalige Pension erinnert.

Am 1. August 1806 verließen die Brüder Eichendorff Halle. Sie wussten noch nicht, dass sie ihr Studium hier nicht fortsetzen würden. 
Napoleon besetzte die Stadt Halle noch während der Semesterferien und ließ die Universität schließen wegen der 

"widerspenstigen Haltung der Studenten" (Stadtarchiv Halle)

Eichendorffs Aufenthalt in Halle wird von Fachleuten so beurteilt:

"Er selbst erlebt in der halleschen Welt nur zwei Dinge, die seine dichterische Berufung unmittelbar angehen: die romantische Landschaft und den romantischen Menschen."(Steffens)

"...ein naiver Jüngling hatte Halle betreten, ein angehender Dichter verließ es."
(Quelle: Stadtarchiv Halle ; Eichendorff in Halle, von Rolf Hönicken).

 

In die Breslauer Studienzeit fallen die brieflichen Kontakte zwischen Luise Larisch und Eichendorff.

 

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Am 1. Nov.1809 schreibt er:

...Heute noch spätabends überraschte mich der erste Brief von Luise...

 


Mit der Eitelkeit des Verliebten versucht er sich bei ihr umgehend ins beste Licht zu rücken.

 

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pro memoria für den Monat November 1809
3.Ließ ich mich von dem nicht ganz talentlosen Maler Raabe auf der Taschengasse en miniature als schwarzer Ritter 
mit goldener Kette und Stickerei für Luise malen.
Tabak geraucht beim Sitzen.

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